Fulwell-Park"
– das klingt reichlich britisch, und tatsächlich besaß das
herrschaftliche Anwesen vor den Toren Umkirchs ein Pendant in
Twickenham, an das heute nur noch Straßennamen erinnern. Als
Auguste-Viktoria von Hohenzollern, Gattin des letzten Königs von
Portugal, Manuel II., nach dem Tod ihres Mannes dessen britischen
Exilsitz verließ, um sich auf dem Besitz ihres Bruders, des Fürsten
Friedrich von Hohenzollern-Sigmaringen ein eigenes neo-barockes
Landhaus zu bauen, verpflanzte sie den vertrauten Namen kurzerhand in
die badischen Auwiesen. Das war 1933 – an sich keine Zeit für Schlösser
und Gärten.
Ein Park wie ein Landschaftsgemälde: Licht, Laub, Wasser | Foto: tolksdorf
Als
Parkkünstlerin hat sich die "Queen" (König Manuel heiratete sie erst
nach seiner Abdankung) denn auch nicht ausdrücklich hervorgetan – im
Gegensatz zum heutigen Besitzer. Der Verleger Werner Semmler, seit 1974
Eigentümer des schmucken Aldelsdomizils, gab dem elf Hektar großen
Areal nicht nur seine ursprüngliche Gestalt zurück, er schuf – angeregt
vom klassischen englischen Landschaftsgarten – ein ganz eigenes
Parkkunstwerk, ein privates Paradies, dessen Homogenität jeden
Liebhaber der grünen Kunst entzückt.
Mehrere
Tausend Kubikmeter Erdreich hat der Bauherr bewegt, den zuvor dichten
Laubwald zum durchsonnten Hain gelichtet, wo jede Blickachse, jede
Baumgruppe, jede Wasserspiegelung zum Gesamtbild passt und sich immer
neue, überraschende Ansichten auftun. Nicht zu vergessen die Tiere,
denen sich der Naturfreund so sehr verbunden fühlt: die Fischreiher,
Graugänse und Singschwäne, und die im Gesträuch brütenden Singvögel,
für die Semmler Teile seines Parks im Naturzustand belässt: "Ich möchte
der Natur etwas von dem zurückgeben, was ihr der Mensch tagtäglich
nimmt." Natur hat für Semmler auch eine metaphysische Dimension: "Für
mich zählen Bäume zu den Urmetaphern der Ewigkeit."
DIE PLÄNE GEHEN DEM PARKSCHÖPFER NICHT AUS
Wie
ein Dirigent bringt der Parkgestalter die Teile seiner grünen Symphonie
zum Klingen. In eine Eichengruppe setzt er den leuchtenden Akzent eines
Tulpenbaums, einem dunkelgrünen Mammutbaum schmeichelt das leise Grün
einer Sumpfzypresse. Mit großem Raffinement wird auch die umgebende
Landschaft, insbesondere der am Ende verschiedener Sichtachsen
aufragende Kaiserstuhl zum Thema; gleich dreimal spiegelt sich das
Schlösschen in den gestaffelten, wie Naturseen ausbuchtenden
Wasserläufen. Pate stand die natürliche Rheinauenlandschaft. Gemächlich
wandelt der Besucher auf den mäandernden Kiespfaden durch ein
Wiesengelände, auf dem im April tausende Narzissen blühen, wie durch
ein Gemälde von Claude Lorrain. Natur in behutsamer Lenkung; ein Ort
vollkommener Ruhe und Harmonie – an dem sich die Begeisterung seines
Schöpfers mitteilt. Einen "würdigen Erben von Fürst Pückler", nennt
Semmlers Mentor Helmut Rippel, einer der wichtigsten deutschen
Parkexperten, den Enthusiasten.
Lang
und steinig war sein Weg zum Gesamtkunstwerk. Auch dass jeder halbwegs
begabte Maler irgendwann seine Ausstellung bekommt, ein Gartenkünstler
dagegen kaum beachtet wird, hat ihn gestört, bis er 2002 von der
Stiftung Pro Europa den Gartenkultur-Schöpfungspreis erhielt. Doch
natürlich ist ein Park wie dieser ein Dauerprojekt. Einige Millionen
Euro hat der Unternehmer bereits in sein grünes Reich gesteckt. Doch
Semmler weiß: Erst nach seinem Tod, schätzungsweise in einem halben
Jahrhundert, wird sich sein Werk zu voller Pracht entfalten. Wenn die
Baumgruppen zusammenkommen, die Kronen mit vollem Astwerk ausgreifen –
dann erst ist das Auenlandschaftsbild perfekt. Einstweilen gehen dem
Schlossherrn die Pläne nicht aus. Der einst in drei Terrassen
gegliederte Pleasure-Ground vor dem Haus soll rekonstruiert und der von
Wasser umflossene künstliche Hügel mit einem Bauwerk oder einer
Skulptur gekrönt werden.
Das
jüngste Projekt ist für das kommende Frühjahr geplant: eine auch von
der Straße zugängliche Orangerie als Ort für Konzert- und
Vortragsveranstaltungen. Bei solchen Gelegenheiten und zu Parkführungen
ist auch die Öffentlichkeit in Semmlers Paradies willkommen – das bald
schon in eine Stiftung überführt wird. Nach dem Willen des jetzigen
Eigentümers, der sich lebenslanges Wohnrecht vorbehält, sollen Schloss
und Park der Stiftung "Reform-Akademie" übertragen werden, an der auch
die Freiburger Universität partizipieren soll . Gruppen flanierender
Wissenschaftler stehen dem Parkschöpfer vor Augen, die, inspiriert von
der gestalterischen Harmonie, politische, wirtschaftliche und
ökologische Reformvorhaben diskutieren. Weitergehende bauliche
Veränderungen wird es im Areal nicht geben. Und auch der Name soll
bleiben. "Queen-Auguste-Victoria- Park" soll das Gelände heißen. Auch
wenn diese "Queen" nur über ein paar Rosen regierte.
Quelle: Badische Zeitung vom 20. August 2008