Zehn weitere Jahre wuchs Stéphanie de Beauharnais in Südfrankreich
auf, bis der Vater nach Paris zurück gekehrt war und dem Ersten Konsul
Frankreichs Napoleone Buonaparte von der Existenz des Mädchens
berichtete. Der starke Mann Frankreichs war zu jener Zeit mit Joséphine
de Beauharnais, einer Tante Stéphanies verheiratet, und ließ das
Mädchen nach Paris holen.
Von 1803 an erhielt Stéphanie
de Beauharnais eine standesgemäße Ausbildung. Napoleone Buonaparte,
seit 1804 französischer Kaiser Napoléon von eigenen Gnaden, taktierte
zur Festigung seiner Machtposition unter anderem damit, Mitglieder
seiner großen Familie mit alteingesessenen Adelsfamilien Europas per
Ehe zu verbinden. Nach seinem Willen sollte Stéphanie de Beauharnais
den badischen Erbprinzen Karl heiraten.
Am 7. Und 8.
April 1806 fanden in Paris die zivile und die kirchliche Trauung des
Paares statt. Stéphanie de Beauharnais war 16 Jahre alt. Ihr Ehemann
Karl Erbprinz von Baden war drei Jahre älter.
In ihrer
neuen badischen Heimat unternahm Erbprinzessin Stéphanie Ausflüge und
Reisen, um das Volk besser kennen zu lernen, was ihr große Sympathie
bei den Einheimischen einbrachte. Sympathien am badischen Hof genoss
sie weniger. Letzteres und das Fehlen französischen Flairs machten ihr
ebenso zu schaffen wie die Interesselosigkeit ihres Ehemanns, der
weiter seinem Junggesellenleben frönte.
Interventionen
Kaiser Napoléons halfen wenig. Erst 1810 änderte sich das Verhältnis
der Eheleute, als sie den Sommer in Baden-Baden verbrachten und sich
einmütig wie selten zuvor gaben.
Das erste Kind des
Erbprinzenpaares war ein Mädchen, das 1811 geboren wurde. Im selben
Jahr übernahm Karl als zweiter Großherzog die Regentschaft Badens. Am
29. September 1812 wurde der von der großherzoglichen Familie lang
ersehnte Erbe geboren. Dieser starb allerdings am 16. Oktober 1812. Die
Stimmen wollten und wollen nicht verstummen, die behaupten, der Knabe
sei gegen einen sterbenskranken Säugling vertauscht worden und sei 1828
als Kaspar Hauser in Nürnberg aufgetaucht.
Der nächste
Sohn des großherzoglichen Paares, der 1816 geboren wurde, lebte etwas
länger als ein Jahr. Großherzog Karls Verzweiflung über den Verlust des
Stammhalters wirkte sich negativ auf seinen Gesundheitszustand aus. Er
erkrankte schwer und starb am 8. Dezember 1818 an "Wassersucht".
Stéphanie
Großherzogin von Baden war mit 29 Jahren Witwe geworden. Nach dem
obligatorischen Trauerjahr nahm sie wieder repräsentativen Pflichten
wahr, denen sie vornehmlich in Mannheim nachging. Bereits 1812 hatte
sie in Baden-Baden ein Sommerpalais erworben, in welchem sie sich
ebenfalls regelmäßig aufhielt.
Quelle: Stadtgeschichte Baden-Baden
Die Geschichte von Stéphanie Napoléon
Zu
einer der liebenswertesten Gestalten aus der Umgebung Napoléons gehört
eine junge Frau, deren Lebensgeschichte sich wie ein Märchen erzählen
lässt. Als Tochter eines Grafen trägt sie zuerst den Namen
Stéphanie-Louise-Adrienne de Beauharnais, als Adoptivtochter des
Kaisers der Franzosen wird sie zu Stéphanie Napoléon, und als Gattin
des Erbprinzen Karl-Ludwig schließlich zu Stéphanie Großherzogin von
Baden.
Und märchenhaft erscheint uns auch ihre zarte
Gestalt, ihr nymphenhaftes Wesen und ihre Schönheit, die uns in den
wunderbaren Portraits von Prud'hon und Gérard erhalten blieb, und die
schon von ihren Zeitgenossen gerühmt wurde. Eine Schönheit, die sogar
heute noch bezaubert, denn Napoléons französischer Biograph Jean Tulard
nennt Stéphanie schlichtweg ravissante - hinreißend.
Geboren
wurde die zukünftige kaiserliche Prinzessin am 28.August des
verhängnisvollen Jahres 1789 in Versailles. Schon zwei Jahre nach der
Geburt des einzigen Kindes stirbt die erst vierundzwanzigjährige Mutter
Claudine-Adrienne-Gabrièle, geborene de Lezay-Marnésia, an den Folgen
einer Schwindsucht im südfranzösischen Moutonne.
Von
nun an beginnt für das kleine Mädchen eine zehnjährige Irrfahrt, die
erst am Hofe des Ersten Konsuls im Jahre 1802 ein Ende finden wird.
Stéphanies
Vater, der ehemalige Comte de Beauharnais, eine kaltherzige
Spielernatur mit dem Hang zu Gewalttätigkeiten, verspürt keinerlei
Interesse an seiner Tochter und überlässt Stéphanie ganz ihrem
Schicksal. Als nach dem Tode der Mutter eine junge Irin sich erbietet,
das Kind zu adoptieren, willigt der Vater ohne zu zögern und aus rein
finanziellem Interesse ein. Stéphanies Mutter hatte die Irin im
berühmten Pariser Couvent Notré Dame de Panthémont kennen gelernt.
Diese Dame, Lady Laura Bath, hatte sich mit einem englischen Baronet
verheiratet und besaß die nötigen Mittel, um angemessen für das Mädchen
zu sorgen. Da es während der Revolution nicht möglich war Stéphanie aus
Frankreich herauszubringen, überließ Lady Bath das Kind in der Obhut
zweier Ordensschwestern aus Panthémont, Madame Sabatier und Madame de
Trélissac. Zusammen mit der Kinderfrau, Madame Sainctelette, fuhren die
Ordenschwestern in den Süden, der ihnen sicherer erschien als das von
der Revolution tosende Paris. Nach längerem Umherirren wurde Stéphanie
schließlich in Montauban heimisch, bis zum Spätsommer 1802, als
plötzlich der Präfekt von Cahors in der Tür ihres Hauses stand, mit
einer Ordre des Ersten Konsuls Napoléon Bonaparte, die angeheiratete
Nichte seiner Frau möge sich unverzüglichst nach Paris begeben.
Was war geschehen?
Joséphine
hatte erfahren, dass Stéphanies Vater sich mit einer gewissen Sophie
Fortin-Duplessis wiederverheiratet hatte, ohne aber daran zu denken,
seine Tochter wieder zu sich zu holen. Die Gemahlin des Ersten Konsuls
setzte daraufhin alles in Bewegung, um das Mädchen ausfindig zu machen.
Als Claude de Beauharnais vom plötzlichen Interesse Madame Bonapartes
an seiner Tochter erfährt, beansprucht er sofort von Lady Bath seine
Vaterschaftsrechte zurück, um Stéphanie wie ein Zuchtfohlen dem
Meistinteressierten - in diesem Falle dem Ersten Konsul - zu einem
Höchstpreis anzubieten. Lady Bath unterdessen, beauftragt Madame de
Trélissac, zusammen mit Stéphanie umgehend nach England abzureisen.
Doch Napoléons Arm ist stärker und das Mädchen wird nach einigen Schwierigkeiten endlich nach Paris gebracht.
Stéphanies
Vater erhielt übrigens später zum neuerlichen Verzicht auf seine
Tochter eine Sonderdotation, sowie eine Senatorenstelle in Amiens mit
einem Jahreseinkommen von 25000 Franc.
An einem
Septemberabend dieses Jahres 1802 stand die kleine Nini de Beauharnais
also zum ersten Mal vor dem großen Konsul General Bonaparte, den sie
bis dahin nur von Lithographien und dem Besuch in einem
Wachsfigurenkabinett her kannte. Während Napoléon das dreizehnjährige
Mädchen, das ihm wie eine Nymphe aus dem Reich der Najaden erscheint,
mit großem Vergnügen mustert, atmet Nini erleichtert auf - denn
zwischen beiden herrscht sofort Sympathie auf den ersten Blick!
Auch
Joséphine ist glücklich, ein weiteres Familienmitglied der Beauharnais'
in ihrer Umgebung zu wissen, sie hatte Stéphanies Mutter bereits
gekannt, als diese noch eine junge Elevin in Panthémont war. Es fällt
Joséphine deshalb nicht schwer, Muttergefühle für das Mädchen zu
entwickeln und man sieht Stéphanie auch schon nach kurzem als umsorgte
Tochter des Hauses unbeschwert durch die Flure der Paläste laufen. Zum
ersten Mal in ihrem Leben fühlt sie sich geborgen und sicher.
Um
ihre Ausbildung zu vervollkommnen, schickt Napoléon das Mädchen zu
Madame Campan, in ihr berühmtes Pensionat in Saint-Germain-en-Laye.
Anfangs lernt Stéphanie schlecht, doch später wird sie Mme Campans
beste Schülerin, was ihr Stolz und Selbstsicherheit verleiht. Aber
nichts macht sie glücklicher als der Anblick der sechsspännigen
Kutsche, die an den Wochenenden vorfährt, um Stéphanie zu ihrer neuen
Familie nach Paris oder nach La Malmaison zu bringen.
Der
Adlerblick Napoléons ruht mit großem Wohlgefallen auf der
Halbwüchsigen, Nini wird zum Liebling des Giganten und für das Mädchen
ist dem Kaiser scheinbar nichts zu teuer - sie erhält kostbare Kleider
und wundervollen Schmuck. Die Umgebung bemerkt schließlich, dass
Napoléon in Gegenwart dieses reizenden Backfisches in eine merkwürdige
Hilflosigkeit gerät, Stéphanie genießt eine Narrenfreiheit wie kein
anderer bei Hof. Sie spielt, albert und neckt den Kaiser als sei er ein
Gleichaltriger, was Napoléon sich gern gefallen lässt und er auch
kräftig ausnutzt - ohne jede Scham lässt er die Fünfzehnjährige vor
aller Augen auf seinem Schoß sitzen!
Doch die
eifersüchtige Joséphine ist nicht blind und mahnt Stéphanie davor, es
nicht zu übertreiben. Was dem jungen Mädchen noch wie ein Spiel
vorkommt, beginnt sich bei Napoléon in eine ernste Sache zu entwickeln.
Zwar kann man nicht von einer Verliebtheit reden, aber Stéphanies
Koketterie - die eigentlich harmlos ist, von Napoléon aber völlig
falsch verstanden wird - bringt den Kaiser auf die Idee, das Mädchen zu
verführen.
Ist sie nicht sowieso sein? Hat er sie nicht
aus der Vergessenheit geholt, um aus ihr eine kaiserliche Prinzessin zu
machen, ja, um sie sogar zu adoptieren? Tut sie nicht alles, damit er
endlich seine Hand nach ihr ausstreckt...?
Man sieht
den Kaiser in einem seltenen Zwiespalt, er weiß, wie sehr er sich
kompromittiert, wenn er es zum äußersten kommen lässt, seine Laune
verschlechtert sich darüber, und an einem Nachmittag während einer Jagd
in Rambouillet kommt es schließlich zum Eklat - Napoléon verliert die
Nerven und herrscht Stéphanie an "...sie hätte nichts von ihm aber
alles von sich selbst befürchten." Was nichts anderes heißt, als dass
sie endlich weniger aufreizend sein möge.
Verwirrt
zieht Stéphanie sich zurück, sie meidet den Kaiser und zeigt sich nur
noch in der Nähe Joséphines, die natürlich ahnt, dass das Mädchen
keinerlei Schuld trifft. Und zum ersten Mal bemerkt Stéphanie
vielleicht, das Napoléon und Joséphine nicht das Traumpaar waren, für
das sie die beiden hielt. Trotzdem bewahrt sie sich ihre Liebe zu ihrem
Adoptivvater und akzeptiert sogar seine Absicht, sie aus politischen
Gründen mit dem Erbprinzen Karl-Ludwig von Baden zu vermählen. Der
Gedanke, ihr geliebtes Frankreich, den Kaiser und die Kaiserin für
immer zu verlassen, entsetzt Stéphanie und noch viele Jahre später
sagte sie: "Ich hätte es vorgezogen, wenn der Kaiser mich mit einem
seiner Marschälle vermählt hätte."
Am
Tag der Vermählung - die Hochzeit wird als eines der prächtigsten
napoleonischen Feste Furore machen - ist es der Kaiser selbst, der
seine Tochter zum Traualtar führt. Stéphanie erinnerte sich später:
"Mit aller Kraft drückte ich die Hand des Kaisers; ich hätte sie
niemals loslassen mögen, und als er mir nach unserer Ankunft in der
Kapelle den für mich bestimmten Platz anwies, glaubte ich, mein Herz
müsse brechen..."
Es war ein prophetisches Unbehagen,
denn ihre Ehe mit dem späteren Großherzog von Baden sollte eine
schwierige werden, die erst kurz vor dem frühen Tod des Gatten eine
gewisse Harmonie erreichte.
Es sind ohne Zweifel
Stéphanies Erinnerungen an ihre Zeit als kaiserliche Prinzessin, an die
sie ihr ganzes Leben lang mit Sehnsucht zurückdenken sollte.
Aus
einer Abenteuerlust heraus, versucht sie sogar eines Tages, zusammen
mit ihren vertrauten Hofdamen Eleonore de Bourjolly und Anett de
Mackau, dem kühlen Hofe ihres Schwiegervaters in Karlruhe zu
entfliehen, um sich heimlich in die Schweiz abzusetzen. Doch die Flucht
wird vereitelt und Napoléon - ganz Vater - schreibt seiner Tochter
einen bösen Brief.
Napoléon spürt, dass Stéphanie in
Baden nicht glücklich ist und erlaubt ihr, die Kaiserin nach Mainz oder
Straßburg zu begleiten, wo Nini zusammen mit der unglücklichen Königin
Hortense als Page verkleidet auf Maskenbällen tanzt.
In
Paris erwartet sie schließlich der Karneval, bei dem der sonst so
ungesellige Kaiser sich von ihr und Hortense zum Walzertanzen verleiten
lässt.
Nach der Scheidung von Joséphine verbringt
Stéphanie abwechselnd ihre Zeit mit der traurigen Kaiserin und
Napoléon, der in Vorfreude auf seine junge Braut es vorzieht, sich auf
den Jagden und Festen entweder von seiner Schwester, der Fürstin
Pauline Borghese, oder von der schönen Erbprinzessin von Baden
begleiten zu lassen.
Unter den Augen des Kaisers wird
aus Stéphanie eine derart elegante Reiterin, das ihr Anblick eines
Tages sogar Dichter inspirieren wird.
Doch ist sie nun eine deutsche Prinzessin und Stéphanie weiß, dass ihr Platz nicht mehr in Paris ist.
Im
Stadtschloss von Mannheim findet Stéphanie schließlich eine Residenz,
in der sie sich wohlfühlt und die sie immer dem Stammschloss ihrer
Schwiegerfamilie in Karlsruhe vorziehen wird. Überdies entstand
zwischen den Mannheimer Bürgern und ihrer illustren Großherzogin eine
liebevolle Verbindung und ein Andenken, das bis heute, dem Anfang eines
neuen Jahrtausends währt, denn als ehemals schönste Bewohnerin
Mannheims ehrte die Stadt Napoléons Adoptivtochter mit dem Namen
"Stephanienufer" für eine Rheinpromenade.
So wie die
Mannheimer ihrer verehrten Großherzogin gedachten, so blieb auch der
Kaiser der Franzosen in Stéphanies zärtlichem Gedenken, und das bis zum
Ende ihres Lebens. Sie betrauerte seinen Tod tief und vergaß nie diesen
großen Mann, der allen so fürchterlich schien, es als fürsorglicher
Vater aber so wenig war, der scheinbar aus einer Laune heraus ihr Leben
in ein Märchen verwandelt hatte, weil er Märchen liebte und in
Stéphanie die Prinzessin gefunden hatte, für deren Rolle sie geboren
worden war. Sie starb am 29.Januar 1860 in Nizza.
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"Haus Hohenzollern"
Das Badnerlied
Das schönste Land in Deutschlands Gaun
das ist mein Badnerland
es ist so herrlich anzuschauen
und ruht in Gottes Hand.
Drum grüß ich dich mein Badnerland,
du edle Perl im deutschen Land.
Frisch auf, Frisch auf, Frisch auf, mein Badnerland
In Karlsruh ist die Residenz, in Mannheim die Fabrik.
In Rastatt ist die Festung, und das ist Badens Glück.
In Haslach gräbt man Silbererz, im Breisgau wächst der Wein,
Im Schwarzwald schöne Mädchen, ein Badner möcht ich sein.
Alt-Heidelberg du feine, du Stadt an Ehren reich,
Am Neckar und am Rheine kein andre kommt dir gleich.
Der Bauer und der Edelmann, das schöne Militär,
die schaun einander freundlich an und das ist Goldes wert.
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Quellenhinweise:
- Françoise de Bernardy: "Stéphanie de Beauharnais" Paris 1977
- Friedrich Walter: "Stephanie Napoleon" Baden-Baden 1948
- Rudolf Haas: "Stephanie Napoleon" Mannheim 1976
- Joseph Turquan: "Stéphanie de Beauharnais", Leipzig 1902
- Rosemarie Stratmann-Döhler: Ausstellungskatalog "Stephanie Napoleon" Karlsruhe 1989