Narzissen
Narzissen (botanischer Name Narcissus) sind eine Blumenpflanze aus der Familie der Amaryllisgewächse (Amaryllidaceae). Ihre Art Narcissus pseudonarcissus wird oft auch Osterglocke genannt. Je nach Art erreichen sie Wuchshöhen von 5 bis 80 Zentimetern.
Die Bezeichnung „Narzisse“ kommt aus dem griechischen Wort νάρκειν narkein, was soviel bedeutet wie: „betäuben“. Die Dichternarzisse (Narcissus poeticus) wächst auch in Griechenland und bezaubert in der Tat mit einem sehr intensiven Geruch. Die Römer übernahmen den griechischen Pflanzennamen als „narcissus“. In seinen Metamorphosen hatte Ovid die „Sage von Narkissos“ und die Freude über das eigene Spiegelbild des Narziss geschildert und damit die heute als „Narzissen“ bekannten Blumen als Metapher benutzt. Carl von Linné behielt in seinem binäres System der Pflanzennamen die Bezeichnung Narcissus bei.
Die überlebenden Organe sämtlicher Narzissen-Arten sind ihre Zwiebeln. Sie bilden Saugwurzeln, die bis zu 40 Zentimeter lang werden. Im Hochsommer baut die Pflanze (nach der Blüte) ihre Blätter und die Saugwurzeln ab. Die Sämlinge bilden Zugwurzeln und ziehen die Zwiebeln mit der Zeit tiefer in die Erde, wo sie sich Jahr für Jahr vermehren. Das natürliche Verbreitungsgebiet ist Südwesteuropa, der Mittelmeerraum und Nordwestafrika. Einige der rund 85 Arten und Hybriden kommen auch im Küstengebiet des östlichen Mittelmeers und in Asien vor. Inzwischen gibt es über 20.000 Kulturformen dieser Blumen.
Bedeutung in der mitteleuropäischen Gartenkunst haben Narzissen seit der sogenannten „orientalischen Phase“ von 1560 bis 1620, als sie, gemeinsam mit Tulpen und Hyazinthen, in die europäische Gartenkultur gelangten.
Paul Gerhardt, Pfarrer und Dichter berühmter Kirchenlieder, widmete den Narzissen eine Strophe seines bekannten Liedes Geh aus, mein Herz, und suche Freud: „Narzissus und die Tulipan - die ziehen sich viel schöner an, als Salomonis Seide“.
Die Narzissen gelangten durch arabische Händler über die Seidenstraße auch nach China und gelten dort als Glückssymbol. Auch in der islamischen Kultur sind die Narzissen in vielen Gedichten beschrieben worden.
Der Prophet Mohammed soll gesagt haben: "Wer zwei Brote hat, verkaufe eines und kaufe sich Narzissenblüten dafür; denn Brot ist nur dem Körper Nahrung, die Narzisse aber nährt die Seele".
Narzissen von William Wordsworth
Der Wolke gleich, zog ich einher,
die einsam zieht hoch übers Land,
als unverhofft vor mir ein Meer
von goldenen Narzissen stand.
Am See, dort wo die Bäume sind,
flatterten, tanzten sie im Wind.
So stetig wie der Sterne Schein
und Funkeln hoch am Himmelszelt,
war’n sie in endlos langen Reih’n
am Saum der Bucht entlang gestellt.
Zehntausende, auf einen Blick,
bogen im Tanz den Kopf zurück.
Ihr Tanzen übertraf sogar
des Wellentanzes Funkelschein:
In dieser ausgelass’nen Schar
muss selbst ein Dichter heiter sein!
Ich schaut’ und schaute, kaum bedacht,
welch Wohl dies Schauspiel mir gebracht.
Denn oft, wenn auf der Couch ich ruh’
gedankenschwer, des Grübelns leid,
gesell’n dem Herzen sie sich zu:
dies ist das Glück der Einsamkeit.
Erfüllt von Glück mein Herz dann singt
mit den Narzissen tanzt und springt.
© Bertram Kottmann.
Übersetzt aus dem Englischen:
Daffodils
I wandered lonely as a cloud
That floats on high o'er vales and hills,
When all at once I saw a crowd,
A host, of golden daffodils;
Beside the lake, beneath the trees,
Fluttering and dancing in the breeze.
Continuous as the stars that shine
And twinkle on the milky way,
They stretched in never-ending line
Along the margin of a bay:
Ten thousand saw I at a glance,
Tossing their heads in sprightly dance.
The waves beside them danced; but they
Out-did the sparkling waves in glee:
A poet could not but be gay,
In such a jocund company:
I gazed--and gazed--but little thought
What wealth the show to me had brought:
For oft, when on my couch I lie
In vacant or in pensive mood,
They flash upon that inward eye
Which is the bliss of solitude;
And then my heart with pleasure fills,
And dances with the daffodils.
William Wordsworth